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Nur echt mit dem Siegel: Hinter diesem Versprechen der Dresdner Stollenbäcker verbergen sich die hohen Qualitätsanforderungen für den Dresdner Stollen.

Nur echt mit dem Siegel: Hinter diesem Versprechen der Dresdner Stollenbäcker verbergen sich die hohen Qualitätsanforderungen sowie die geografische Herkunft des EU-weit geschützten Dresdner Traditionsgebäcks. In alljährlich stattfindenden Stollenprüfungen kontrolliert ein unabhängiges Gremium die Einhaltung der Qualitätsanforderungen. Einzig Stollen, die hier bestehen, dürfen das goldene Siegel des Schutzverbandes Dresdner Stollen e. V. sowie das EU-Siegel tragen. In diesem Jahr kommt erstmalig eine eigens für den Verband entwickelte Software zum Einsatz. Seit Mitte Oktober schon finden die Prüfungen statt, 20 Termine werden es am Ende sein, an denen die Gebäcke der 110 Mitgliedsbetriebe geprüft werden.

Qualitätssicherung digital: Software modernisiert Stollenprüfung der Dresdner Stollenbäcker   Foto: Archiv MeiDresden.deQualitätssicherung digital: Software modernisiert Stollenprüfung der Dresdner Stollenbäcker Foto: Archiv MeiDresden.de

Stollenprüfung erstmals digital. Was bedeutet das? Die Qualität des Traditionsprodukts Dresdner Christstollen steht für den Verband an erster Stelle: „Wir Stollenbäcker sehen es als unsere Pflicht, die hohen Erwartungen des Kunden an die Qualität eines Stollens zu erfüllen“, erklärt Bäckermeister Ralf Ullrich, Vorstandsmitglied und im Verband zuständig für die Stollenprüfungen. Neben dem Markenschutz und dem Marketing sind die Stollenprüfungen eine der wichtigsten Maßnahmen im Verbandsleben. Hier werden die goldenen Siegel vergeben, die einen echten Dresdner Christstollen auszeichnen. Als solcher darf ein Stollen auch das EU-Siegel tragen, das die geschützte geographische Herkunft ausweist.

Um die Qualitätssicherung noch weiter voranzubringen, war es das Ziel des Schutzverbandes, die Stollenprüfungen noch weiter zu professionalisieren. Auch um sie noch objektiver zu gestalten, erklärt Ralf Ullrich. Dank der neuen Software ist das nun möglich. Die Prüfjury, in der Experten aus dem Bäcker- und Konditorenhandwerk sowie Sensorik-geschulte Fachleute aus der Lebensmittelkunde mitarbeiten, setzt sich aus sechs Personen zusammen: Der Prüfungsleiter moderiert die Prüfung, der Prüfstollenvorbereiter schneidet die Striezel professionell an und präsentiert sie. Vier Prüfer bewerten die vier Kriterien: äußere und innere Beschaffenheit, Geruch und Geschmack. Der Geschmack geht mit der höchsten Wichtung ins Gesamtergebnis ein.

Bisher wurde die Bewertung der Stollen bei den Stollenprüfungen analog, das heißt händisch auf einem Prüfprotokoll vorgenommen. Auf dem Protokoll wurden auftretende Fehler, wie etwa eine zu ungleichmäßige Verteilung der Früchte, angekreuzt. Dann wurde eine Punktzahl von 0 bis 5 in Zehnerabstufungen für jedes Kriterium vergeben und über Prüfkärtchen angezeigt. Die Gesamtzahl errechnete der Prüfungsleiter.

Mit der Software ist dies nun anders: Jeder Prüfer hat einen Laptop vor sich stehen. Über das Display wird er durch die Prüfung geführt, kann sein Fachurteil zum Prüfstollen eingeben und die Gebäcke auf Basis des Prüfschemas, in dem mögliche Fehlerbilder definiert sind, bewerten. Die Punktzahl errechnet sich automatisch bei Eingabe etwaiger Abweichungen durch das Benennen konkreter Auffälligkeiten. Es wird also geschnuppert, gefühlt, beschaut, verkostet -- und die Beobachtungen über das Touch-Display eingetippt.

Automatisch zieht das Programm von den pro Kriterium möglichen 5 Punkten einen zuvor definierten Anteil ab. Beim Prüfungsleiter laufen alle Bewertungen zusammen. Das Gesamtergebnis wird dann von der Software berechnet. Ein Stollen kann auf maximal 20 Punkte kommen. 16 Punkte sind notwendig, um zu bestehen.

Nach der Prüfung erhält der Meister ein detailliertes Gutachten, auf dessen Basis er gegebenenfalls Dinge in seiner Stollenherstellung anpassen kann.

Sollte es doch einmal vorkommen, dass ein Stollen nicht besteht, gibt es eine Nachprüfung. „Wir bewerten schließlich ein Handwerksprodukt, das immer auch ein Unikat ist. Es ist sehr selten, aber natürlich kann es vorkommen, dass nicht alles perfekt ist. Die betroffene Charge wird dann aus dem Verkauf genommen und wir tauschen uns mit den Meistern aus, beraten, geben Tipps – da wir ja alle selber am Backofen stehen oder gestanden haben, kann man von der Erfahrung aller profitieren“, so Ralf Ullrich.

Von analog zu digital – neue Wege für den Stollenverband. Bereits 2019 begann der Schutzverband, sich der Aufgabe der Digitalisierung der Stollenprüfung zu stellen. Um die für die Ansprüche und die Prüfung des Schutzverbandes passende Softwarelösung zu finden, schaute man sich im Vorfeld auch bereits bestehende Softwarelösungen an. „Letztendlich stellten wir fest, dass unsere Stollenprüfung, unsere Kriterien so individuell sind, dass keine der bereits vorhandenen Programme für uns gut passte“, erklärt Ralf Ullrich. Die Lösung kommt nun aus den eigenen Reihen. Sylvio Beck, selbst als Bäcker in Dresden tätig und mit einer großen Expertise in der Programmierung, schrieb dem Schutzverband die Prüfsoftware auf den "Stollenlaib".

Zügiger, koordinierter, objektiver, zukunftsfähiger. Jede Bewertung eines Prüfers für jeden geprüften Stollen ist nun im Programm gespeichert. „Somit können wir ab sofort auch Statistiken zur Qualitätssicherung viel einfacher erstellen“, sagt Ralf Ullrich. „Eine digital durchgeführte und damit zeitgemäße Prüfung macht es nun hoffentlich auch für viele jüngere Bäckerinnen und Bäcker interessant, sich als Prüfer zu qualifizieren.“ Wer in die Jury möchte, muss zuallererst eine Sensorikprüfung bestehen. Schließlich müssen alle Sinne geschärft sein, wenn es um die Qualität des Dresdner Stollens geht. In Zusammenarbeit mit der Professur für Lebensmittelkunde und Bedarfsgegenstände der Technischen Universität Dresden und der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Sachsen wurde bereits im vergangenen Jahr ein speziell auf den Dresdner Christstollen abgestimmtes Sensorik-Seminar entwickelt.
An den 20 Prüftagen werden jeweils 10 Stollen begutachtet und bewertet. Die Stollen für die Prüfung werden im Vorfeld von einem unabhängigen Testkäufer erworben. Dieser gibt sich erst nach dem Kauf zu erkennen. Erst dann wird dem Meister mitgeteilt, dass dieser Stollen nun in die Prüfung geht.

Schon immer hat der Schutzverband das Thema Qualität auch in seine Öffentlichkeitarbeit eingebunden. Vor allem die einmal pro Saison durchgeführte Öffentliche Stollenprüfung bringt den Stollenfans und allen Interessierten das Thema nahe. In diesem Jahr konnte der Termin leider nicht stattfinden. Für kommendes Jahr aber steht der Termin schon fest: Die Öffentliche Stollenprüfung wird am 12.11.2021 in der Altmarkt-Galerie Dresden stattfinden.

 

Quelle: Schutzverband Dresdner Stollen e. V.